Interview mit unserem Einkauf

Was kommt ins Fleischregal?

Sandra Ristic
·
Weltweit wächst der Appetit auf Fleisch. Seit Anfang der 1960er Jahre hat sich gemäss WWF Schweiz1 der weltweite Fleischverzehr mehr als vervierfacht. Im Interview sprechen wir mit unseren Produktverantwortlichen Alessio Mantegna, Produktmanager Fleisch und Alana Solenthaler, Assistentin Einkauf Frische über Tierwohl, Labels, Importfleisch und Fleischersatzprodukte.

Ein Interview mit Alessio Mantegna, Produktmanager Fleisch und Alana Solenthaler, Assistentin Einkauf Frische, die u.a. Proteinalternativen betreut.

Alessio, seit 2021 bist du bei Denner als Produktmanager Fleisch tätig. Wie hat sich unser Fleischregal in dieser Zeit verändert?

Vor allem bei den Labels hat sich einiges verändert. IP-SUISSE führen wir schon länger im Sortiment, im vergangenen Jahr haben wir aber auch die Anzahl an Bio-Artikeln erhöht. Beim Fleisch fällen wir Sortimentsentscheide generell nach zwei übergeordneten Zielen: Einerseits der Ausbau der Nachhaltigkeit, Swissness und der Label-Produkte, andererseits sind für uns als Discounter günstige Produkte, sogenannte Preiseinstiegsprodukte, sehr wichtig.

Nach welchen Qualitätsmerkmalen wird selektiert, was ins Regal kommt?

Wir beginnen stets mit einer Benchmark-Degustation, die unser Qualitätsmanagement koordiniert. Dabei degustieren wir Artikel, die bereits heute im Markt erhältlich sind, bewerten sie und definieren basierend darauf unseren Qualitäts-Benchmark. Diesen Benchmark nutzen wir dann für die Lieferantenausschreibung. Die Lieferanten senden uns anschliessend Offerten und Produkte, die wir gemeinsam mit den Benchmark-Artikeln degustieren. Der Benchmark spielt eine entscheidende Rolle und begleitet uns durch den gesamten Prozess.

Tierwohl hat für viele Konsumenten einen hohen Stellenwert. Auch für Denner?

Ja, auch für Denner. In der Schweiz gelten hinsichtlich Tierwohl sehr hohe Standards. Mit Schweizer Fleisch und Label-Produkten können wir hohen Anforderungen ans Tierwohl Folge leisten. Auch bei Importprodukten und Fleisch aus dem EU-Raum achten wir aufs Tierwohl. Die Schweiz ist im Direktvergleich aber fortschrittlicher.

Der Preis spielt oftmals eine entscheidende Rolle, für uns als Discounter, aber auch für unsere Kundinnen und Kunden. Was bedeutet diese Prämisse für dich als Einkäufer?

Tiefe Preise realisieren wir mithilfe von unterschiedlichen Preismodellen und Produktlinien. Wir führen im Sortiment gezielt Artikel für preisbewusste Kundinnen und Kunden. Bei der Auswahl und Beschaffung dieser Artikel ist der Preis prioritär. Bei Profilierungsartikeln, wie beispielsweise Label-Artikeln, werden Tierwohl und weitere Qualitätsmerkmale höher gewichtet.

Die da wären?

Bei Frischfleisch gehören u.a. das Geschlecht, das Alter des Tieres, die Fütterung und die Rasse zu den definierbaren Qualitätsmerkmalen. Hinzu kommen noch sensorische Qualitätsmerkmale, wie Geschmack und Haptik. Bei gewissen Produkten, wie beispielsweise Schinken, gibt es zudem technische Kennzahlen, die die Qualität des Produktes bestimmen. Die Qualitätsmerkmale bei Denner übertreffen stets die gesetzlichen Vorgaben und bei uns gelten dieselben Richtlinien wie bei der Migros.  

Kannst du ein Beispiel für technische Kennzahlen nennen?

Bei Schinken ist es z.B. das Verhältnis von Wasser zu Eiweiss. Für diesen Wert gibt es in der Schweiz klare Vorgaben. Je höher der Wert, desto schlechter die Qualität. Die Bezeichnung «Schinken» ist in der Schweiz u.a. deshalb geschützt.

Wieso geniesst Importfleisch nach wie vor eine hohe Präsenz im Detailhandel?

Aus meiner Sicht gibt es zwei Einflussfaktoren: Der günstige Preis und das Image einiger Länder. Beim Preis sind die Unterschiede signifikant, ein Rindsfilet Import kostet pro Kilogramm weniger als 50 Franken, beim Pendant aus der Schweiz liegt der Preis bei 80 Franken pro Kilogramm. Auf Image-Ebene geniesst z.B. südamerikanisches Fleisch bei der Allgemeinheit einen sehr guten Ruf und steht für gutes Fleisch.

Wie nachhaltig ist der Transport von Importfleisch?

Offiziell geregelt ist es Stand heute nicht, Flug und Schiff sind erlaubt. Bei Denner tracken wir die Transportbilanz bei sämtlichen Warengruppen und nehmen regelmässig Optimierungen vor.

Wie steht es um die Qualität bei  Importfleisch?

Bei den Import-Edelstücken, wie beispielsweise Entrecôte und Filet, können wir einen sehr hohen Standard gewährleisten. Hier konzentrieren wir uns bei der Beschaffung auf ein einziges Land, nämlich Uruguay. In Uruguay gelten strengere Richtlinien als anderswo, Hormone sind nicht mehr zugelassen. Wir beschaffen das Fleisch nicht mehr über Grossisten, sondern gezielt bei einzelnen Produzenten, die die Farmen in- und auswendig kennen. Zudem kaufen wir bei südamerikanischem Fleisch generell nur die Rasse «Angus», was ein zusätzliches Qualitätsprädikat ist.

Speaking of Prädikat: Label-Dschungel versus Schweizer Herkunft, was empfiehlst du?

Mit bekannten Schweizer Labels kann man nicht viel falsch machen.

Von der Filiale wandert das Fleisch in die Kühlschränke unserer Kundschaft. Was empfiehlst du, um Food Waste zu vermeiden, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) näher rückt?

Grundsätzlich kann jedes Fleisch zuhause eingefroren werden, allerdings geht bei bereits aufgetautem Fleisch die sensorische Qualität leicht zurück. Ob es bereits aufgetaut wurde, ist auf der Verpackung mit «Aufgetaut –nicht wieder einfrieren» vermerkt. Das ist bei allen Detailhändlern der Fall. Generell kann man der eigenen Nase vertrauen. Kommt einem beim Öffnen der Verpackung kein unangenehmer Geruch entgegen, kann das Fleisch konsumiert werden.

Gibt es einen Lifehack, um auf Nummer  sicher zu gehen?

Beim Frischfleisch lasse ich das Produkt geöffnet im Kühlschrank übernachten. Wenn es am nächsten Tag immer noch streng riecht, dann ist es wirklich nicht mehr für den Verzehr geeignet. Oft bildet sich der Geruch aber tatsächlich über Nacht zurück.

Spürst du eine erhöhte Nachfrage nach Fleischersatzprodukten?

Nein, im Gegenteil – wir verzeichnen beim Fleisch sogar Wachstum. Sehr stark spürbar ist jedoch der Shift zu vermeintlich gesünderen Fleischvarianten wie Geflügel. Geflügel ist gesamtschweizerisch auf dem Vormarsch.

Alana, wie sieht das Angebot an Fleischersatzprodukten bei Denner aus?

Im Hinblick auf unsere kleinen Ladenflächen, führen wir ein sehr vielfältiges Angebot an Proteinalternativen, darunter Burger, Nuggets, Schnitzel und Grillwürste. Und es werden immer mehr.

Worauf kann sich unsere Kundschaft denn noch freuen?

Wir prüfen derzeit Fischalternativen.

Was ist besonders beliebt?

Die Burger, Nuggets und Schnitzel sind sehr beliebt. Der «Unconventional vegan Burger», den wir im Sortiment führen, wurde übrigens gerade auf einer unabhängigen Bewertungsplattform zum weltweit besten Plant-based Burger gewählt.

Worauf sollte man beim Kauf von vegetarischen oder veganen Proteinalternativen achten?

Wenn möglich, sind Artikel aus Schweizer Produktion zu bevorzugen. Auch empfehle ich einen Blick auf die Rezepturliste und die Inhaltsstoffe zu werfen. Rein geschmacklich bevorzuge ich persönlich Proteinalternativen aus Quinoa, Reisprotein oder Weizenprotein.

Und zum Schluss: Welches Produkt aus eurer Warengruppe ist euer Lieblingsprodukt?

Alana: Die veganen Grillspiesse!
Alessio: Ui, da gibt es sehr viele  (lacht). Aber ein kleiner Insider-Tipp: Die Denner Weisswürste stammen von  einem neuen Lieferanten und sind mehr als empfehlenswert.

1 Der Appetit auf Fleisch und seine Folgen | WWF

Sandra Ristic
Sandra Ristic
Sandra Ristic arbeitete bis im Sommer 2023 in der Unternehmenskommunikation bei Denner und verantwortete die Online-Plattform «Alles auf Zukunft».

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